Seafight, „das teuerste kostenlose Onlinespiel“

Unter älteren Browsergames ist der Unterschied zwischen Fossil und Klassiker fließend. Das 2006 erschienene Online-Strategiespiel Seafight, in dem sich der Gamer in äußerst langatmigen Quests die Spiel-Ebenen von Piraten und ihren konkurrierenden Gilden hochlahmen muss, hat von beidem etwas.

Grafik und technische Umsetzung lassen wenig zu wünschen übrig. Sound und Darstellung überzeugen, der Online-Gamer kann das Spiel CPU und Internet-Ressourcen des eigenen PCs oder Laptops anpassen. Der Zugang zum Spiel ist übersichtlich aufgebaut, Tastenverteilung und Bedienung sind gekennzeichnet, die virtuellen Geschenke (Gold, Kanonenkugeln, etc) zu Anfang üppig. Doch hat man erst gefühlte drei Dutzend Mal im Schneckentempo irgendwelche Koordinaten auf immer der gleichen Seekarte abgefahren, um mit seinem Anfänger-Piratenschiff passive Opfer-Monster und unterlegene NPCs (non-player characters) zu „blubben“ (versenken), stellt sich alsbald Ernüchterung ein. Um die für das Entkommen aus der schnell gähnend langweiligen Anfangsphase notwendigen Erfahrungspunkte zu sammeln, muss der gemeine Online-Gamer seinen PC fast schon zum Bügeleisen degradieren. Irgendwann wacht man auf und merkt, daß man da geistesabwesend irgendetwas hin und her schiebt, während man sich auf das Fernsehprogramm konzentriert.

Natürlich winkt auch in diesem Onlinespiel der goldene, nein, perlmutternde Ausweg aus der Ödnis: „Perlen“ kaufen. Mit echten Euro, natürlich. Nur schnell eine sms geschickt (Mutti sieht ja nix) schon ist der vorgeübte ex-Klingeltontauscher wieder ein paar Euro los. Und bei solchen Foren-Einträgen rinnt einem dann der Schweiss:

„gestern bei der happy heure habe ich 20 euro sms geschickt schön und gut ich habe aber aufeinmal statt meinen 100000 perlen 210000 perlen gekriegt und gedacht oh was is das da hat bp mir wohl was geschenkt. so habe mir dann ohne weiteres knapp 500000 leucht geholt und erstmal blubben gegangen . alles bis dahin noch gut ohne hintergdanken so ich geh auf die home seite und aufeinmal steht da -63456 perlen ???? …

ich bin 15 jahre alt und so eine frech heit habe ich in den 3 jahren noch NIE erlebt tut mir leid.“

Wie schade, daß die Realrepublik schon durch die amtierende Generation verbraten wird. Da bleibt für die nachwachsende Rotte von Genies ja nix mehr über. Dann lieber in Seafight einen Sklaven kaufen, zum Kanonen-Nachladen. In Gold-Dublonen bezahlbar, immerhin.

Über solche Blattschüsse hinaus sorgen weitere ärgerliche Zeitlöcher dafür, daß Seafight zum Browserspiel der Stolperstrecken wird. Hat man sich nun tatsächlich durch die ersten Quests gequält und sucht nun „Red Korsars“, die es zu „blubben“ gilt, so sind diese nirgends zu entdecken. Fragt man im Chat, höhnt und schallt es einem entgegen: „Suchen. Harharhar.“ Erbarmt sich schließlich doch noch einer und „flüstert“, ja, also, da müsse man da oben an den Kartenrand fahren und da erscheine dann was, da müsse man dann draufklicken („ist doch eigentlich logisch“), braucht man flinke Finger um immer wieder zum hilfreichen Text hoch zu scrollen, weil der Chat die Grüße eines Buttons hat und außerdem bei jedem neuen der zahlreichen Einträge wieder nach unten springt.

Fazit: Für den Spieler ohne Taschengeld wird dieses Browsergame schnell zum Zeit-Piraten. Berichte über Probleme mit dem Support ohne Support des Publishers bigpoint ergeben ein übriges. Ein Gamer formulierte es wie folgt: Seafight sei „das teuerste kostenlose Onlinespiel“.

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Bewertung (0 ultramies – 10 optimal)

Technik: 8
Grafik, Darstellung: 8
Kreativität: 4
Action: 2
Strategie: 2
Story: 2
Zugang: 7
Spaßfaktor: 2
Moral: 1

Ein Gedanke zu „Seafight, „das teuerste kostenlose Onlinespiel““

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